By the way 352 – Sinnbilder und flache Witze zum Jahresende. Und natürlich die Trainerfrage...

Da war dieser Eckball in der zweiten Halbzeit. Gonzalo Castro schlug ihn ausnahmsweise lang, nicht vors Tor sondern vor den Sechzehner, fast in die Mitte der Darmstädter Hälfte. Ganz kurz hoffte ich, er schlüge ihn direkt auf den Mitspieler, der dann aus 25 Metern volley und so weiter – auf diesen Spielzug hoffte ich, den ich aus irgendeinem Grund immer noch als „Kölner Ecke“ im Kopf habe und mit Heinz Flohe verbinde.

Aber Gonzalo Castro schlug den Ball natürlich nicht direkt auf den Fuß des Mitspielers. Er schlug ihn ein bisschen zu lang, so dass er erstmal verarbeitet werden musste, um ihn dann gleich auf Castro zurückzuspielen – der aber mittlerweile im Abseits stand, was alle sahen, außer unser immer spielender Spitzenverdiener.

Sinnbildlich dieser Spielzug für die ganze bisherige Saison des VfB Stuttgart. Noch sinnbildlicher nur die Szene vor dem Darmstädter Treffer. Co-Spitzenverdiener Badstuber spielt den Ball unbedrängt in Richtung des unbedrängten Castro, der aber zwei Schritte weiter gelaufen war, so dass der Ball ins Aus ging. Der Gegner reagiert schnell, Einwurf, Pass, Stürmer allein vor dem Tor, 1:0 für die Lilien.

Der so genannte Stuttgarter Ballbesitzfußball ist vor allem deshalb furchtbar, weil er bis zum Erbrechen uninspiriert gespielt wird. Und weil selbst das uninspirierteste Gekicke dann so fehlerhaft ausgeführt wird, dass der Gegner fast zwangsläufig zu zahlreichen Chancen kommt, von denen auch die allerunfähigsten Stürmer hin und wieder einen rein machen. Wobei der Darmstädter Treffer gestern blitzsauber war, keine Frage.

Solange Trainer Tim Walter jede Kreativität seiner Mannschaft weiterhin verbietet, oder solange sich die Mannschaft bis auf Borna Sosa und Silas weiterhin weigert, auch nur einen einzigen inspirierten Ball zu spielen, solange wird das nix. Da verlieren wir einfach zu häufig, um aufzusteigen.

Was nicht heißen soll, dass der Aufstieg mit Trainer Tim Walter unmöglich wäre. Klar, er lässt etwas völlig neues spielen, das muss eingeübt werden, das braucht seine Zeit. Und gerade weil die anderen auch nicht besser sind, ist immer noch alles drin. Aber es wird halt unnötigerweise übelst knapp werden, mit jeder weiteren Niederlage, mit jeder weiteren unterirdischen Leistung wird das Nervenkostüm flattriger – und falls wir doch aufsteigen sollten, gibt’s mit solchem Fußball im Oberhaus regelmäßig die Hucke voll. Denn selbst wenn alle beim VfB so spielen sollten wie Kurzpass-Toni Kroos in der Blüte seines Schaffens, so fehlt immer noch einer, der das Ding vorne rein macht. Ganz abgesehen davon, dass bei uns keiner auch nur annährend so gute Kurzpässe spielen kann wie Kurzpass-Toni, der seinen Spitznamen ja nun auch nicht von ungefähr erhalten hat. Und ebenso davon abgesehen, dass man nur mit langweiligsten kurzen Sicherheitspässen nicht mal in die Nähe des gegnerischen Gehäuses kommt.

Nun ist es müßig zu spekulieren, was in den Köpfen unserer sportlichen Führung so vorgeht. Haben sie weiterhin vor, mit Tim Walter aufzusteigen, wissen sie längst, dass man mit Walter vielleicht aufsteigen aber niemals oben bleiben kann, oder sind sie bereits auf der Suche nach dem nächsten Trainer (das größtmögliche Desaster diesbezüglich beim Spiel gegen Darmstadt ganz zufällig als Sky-Experte am Start gewesen)?

Was auch immer sie denken – sie sollten wissen, dass mittlerweile sogar Radiomoderatoren aus dem Hamburger Raum flache Witze über den VfB und seinen Trainer machen. Soeben wurde mir diesbezüglich folgender Spruch eines Moderatoren namens Holger Panik (HSV-Fan) zugetragen: „Beim VfB Stuttgart soll es ja nach dem 1:1 in Darmstadt jetzt eine Trainerdiskussion geben. Ich hoffe, sie halten an Walter fest, das wäre doch super für den HSV, dann bleiben wir Zweiter…“

Ich meine, natürlich sollte man einen feuchten Kehricht auf die Witze der Konkurrenz geben. Tim Walter gibt vermutlich einen ebensolchen sogar darauf, mit welchem Spielsystem die Konkurrenz gegen uns antritt. Aber hey, es ist halt der HSV. Und das, liebe Leserinnen und Leser, das halte ich schon für bedenklich. Am Ende fangen die dann auch noch an, Witze über das kräftige Gebiss unseres neuen Presidente zu machen, dem an dieser Stelle auch noch ganz öffentlich und ganz herzlich gratuliert und höggschder Respekt gezollt werden soll. Aber dazu ein andermal anderswo mehr. Hier und heute heißt es: Euch allen zu Weihnachten und Silvester entspannte Tage, leckeres Essen und gute Laune. Das Schicksal möge es gut meinen mit Euch und den Euren. Bleibt gesund, werdet gesund, bleibt mir gewogen!