By the way 343 – es ist vorbei. Ist es das wirklich?

Mitgliederversammlung wegen technischer Probleme abgebrochen, Präsident via eigener Facebookseite zurückgetreten – beim VfB Stuttgart war einiges los in den vergangenen Tagen. Und auch in den kommenden Wochen und Monaten wird einiges los sein, denn alle möglichen und unmöglichen Präsidentschaftskandidaten werden sich nach und nach in Stellung bringen. Auch einige andere Posten in Verein und AG stehen in der Verlosung. Da sollte der VfB tunlichst nicht den Überblick verlieren und die Dinge zunächst mal eingehend intern bearbeiten. Mögen die Postenanwärter ihre schmutzige Wäsche selbst waschen und der VfB sich nicht gleich in die nächsten öffentlichen Schlammschlachten stürzen. Frommer Wunsch natürlich, das.

Und wenn man glaubt, was schon während der denkwürdigen Mitgliederversammlung von ganz unterschiedlichen Stellen durchsickerte, sollte der VfB auch das desaströse WLAN-Debakel lieber intern aufarbeiten, anstatt wild mit Klagen gegen diesen und jenen zu drohen und auf allen möglichen Kanälen hin und her zu dementieren. Denn erstens sei der Verein schon im Vorfeld deutlich darauf hingewiesen worden, dass eine derartige elektronische Abstimmung durchaus reibungslos funktionieren kann, so lange sie in geschlossenen Räumen stattfindet. Und zweitens sei ein reibungsloser Ablauf vor allem dann verlässlich zu erwarten, wenn die dafür benötigten Server und Router vom Anbieter des Abstimmungssystems gestellt werden. Unser VfB habe – angeblich - letztere aber lieber selbst gestellt, um Kosten zu sparen. Und dann ohne Plan B, ohne Zettelchen für händische Abstimmung in eine solche Veranstaltung zu gehen, das ist, ja was ist es denn? Nicht mal zweitligareif ist das. Und nicht mal dem schwäbischen Klischee entsprechend obendrein – denn der Schwabe an sich kann zwar nicht alles, aber richtig sparen, das kann er sehr wohl.

Nun aber genug zurückgeschaut. Nachtreten gegen den Ex-Präsidenten ist nicht angebracht, genaues Hinschauen beim VfB aber schon. Denn die Probleme bei unserem Herzensverein liegen tiefer als Wolfgang Dietrich.

Im folgenden stelle ich, wie auch nach vergangenen Mitgliederversammlungen, meine möglichst wortgetreu aufgeschriebene Rede zur Verfügung.

„Liebe Mitglieder, das geht jetzt raus an Euch – vor allem an diejenigen von Euch, die normalerweise in den vorderen, heute aber in den oberen Reihen sitzen. Die manchmal „Mitmacher“ genannt werden. Die aus den Abteilungen des Vereins, die Freunde des Präsidiums. Ihr habt sicher fast alle Wolfgang Dietrich als Präsident gewählt, Ihr habt sicher auch fast alle JA zum Erfolg gesagt, die Ausgliederung unterstützt.

Wenn Ihr aber geglaubt habt, Herr Dietrich und seine Kollegen in Verein und AG bringen dem VfB den Erfolg – was glaubt Ihr denn jetzt? Was glaubt Ihr denn – nach der schlechtesten Saison der Vereinsgeschichte, nach dem Abstieg der ersten und der zweiten Mannschaft? Sind das die hervorragenden Rahmenbedingungen, von denen der Präsident immer spricht?

Auch an die Vorstände und die Aufsichtsräte der AG habe ich eine Frage, so sie heute überhaupt hier sind (und keine Angst, ich frage Euch nicht, ob Wolfgang Dietrich oder sein Sohn jetzt drei, vier oder doch fünf Millionen Euro am Aufstieg von Union Berlin verdienen): Als VfB-Mitglied bin ich doch zumindest mittelbar auch mit knapp 89% an der VfB-AG beteiligt. Und daher möchte ich fragen, ob Ihr mir mal den Anteilsübertragungsvertrag zwischen dem Daimler und der VfB AG zeigen könnt? Ob Ihr diesen Vertrag den Vereinsmitgliedern mal offenlegen könnt?

Ich glaube nämlich, der Daimler hat eigentlich zwar nur 11,75 Prozent der Anteile an der VfB AG – aber tatsächlich hat er Einfluss wie einer, der 99% der Anteile besitzt. Der bestimmt, wer hier Präsident werden darf und wer nicht. Der bestimmt, wer hier Sponsor werden darf und wer nicht. Der bestimmt, wer hier Investor werden darf und wer nicht.

Divide et impera, sagt der Lateiner. Teile und herrsche. Soll heißen: Spalten für den Machterhalt. Die klassische Maxime vieler Alleinherrscher. Und wissen Sie was, Herr Dietrich? Ich glaube, das ist auch Ihre Maxime. Bloß dass Sie vor lauter Herrschen von Daimlers Gnaden vergessen, dass die Mitglieder eines Vereins keine von Ihnen gewaltsam unterworfenen Völker sind. Für den Machterhalt den Verein und seine Fans spalten, das wollen Sie. Und das machen Sie. Mit zuletzt übelsten medialen Hetzkampagnen gegen genau die Fans, die die Mannschaft mehr als alle anderen unterstützen. Eine Schande ist das, liebe Mitglieder – und da kann ich nur sagen: Lasst Euch nicht gegeneinander ausspielen. Spalten für den Machterhalt – diese Taktik des Präsidenten darf nicht aufgehen. Verein bedeutet vereinen, liebe Mitglieder!

Und zuletzt: Herr Dietrich, mal angenommen, es stimmt tatsächlich, was Sie und Ihre Kollegen immer sagen. Dass es nämlich super sei, dass wir einen solch erfahrenen Mann wie Sie als Präsident haben, mit allerbesten Connections, Riesen-Netzwerk, super Know How, höchste Qualität sozusagen.

Wenn also hier höchste Qualität vorhanden ist – warum sitzen dann nicht lauter Spitzenleute in unseren Gremien? Oder sind das alles Spitzenleute, und ich bin vor lauter Abstieg und Spalterei nur zu doof, um das zu merken, dass das alles Spitzenleute sind? Konnten Sie seit der Ausgliederung, also nicht erst seit gestern, konnten Sie da wirklich keinen Vorstandsvorsitzenden der AG finden? Warum sitzen da Leute in den Gremien, die bereits den Abstieg 2016 mit verantwortet haben? Warum sitzen da nicht neue Leute, Leute aus Ihrem Super-Netzwerk, die genauso super sind wie Sie? Warum sitzt da immer noch Herr Jenner? Gibt es in Ihrem Super-Netzwerk außer Hermann Ohlicher niemanden, keinen einzigen, der da zusätzliche Sportkompetenz reinbringen könnte? Und auch Herr Porth immer noch da – finden Sie wirklich keinen, der Kinderstube genug hat, um unseren Ehrenspielführer nicht vor dem gesamten Businessbereich laut als Arschloch zu beschimpfen? Und Sponsoren und den zweiten Investor – den finden Sie auch nicht in Ihrem Netzwerk? Ganz im Gegenteil, Würth macht sich hier sogar vom Acker, was soll man sagen?

Schlimmer könnte es doch weiß Gott auch nicht sein, wenn Sie nicht mehr Präsident wären, oder? Oder, Herr Dietrich? Oder, liebe Mitglieder und Mitmacher? Habt Ihr Euch das alles so vorgestellt? Dass es nur mit dem Herrn Dietrich geht? Dass die ach so tollen Strukturen und Rahmenbedingungen beim VfB nur funktionieren, wenn Herr Dietrich oben drüber sitzt? Und dass ohne Herrn Dietrich alles zusammenbricht? Na, das müssen ja tolle Strukturen sein, alle Achtung.

Ich bitte Euch, liebe Mitglieder, bereitet dieser unguten Entwicklung heute ein Ende. Ich bitte Euch, stimmt heute für eine Abwahl von Wolfgang Dietrich.

Dankeschön“