By the way 319 – Plädoyer statt VfB...

Normalerweise vermische ich meine Tätigkeit für den FC PlayFair! Verein für Integrität im Profifußball e.V. nicht mit den Aktivitäten in diesem Blog, die sich ja überwiegend um den VfB Stuttgart drehen. Aber heute gibt es hier die aktuelle Aktion des FC PlayFair! in voller Länge, denn auch wenn es nur Fußball ist: die Situation im Profifußball in Deutschland gibt Anlass zur Sorge – für die Profis, für die Amateure, für die Stadiongänger und TV-Zuschauer, für alle Beteiligten, die doch eigentlich alle Fans der angeblich wichtigsten Nebensache aller Zeiten und Welten sein sollten. Zu wenig Fairplay, zu wenig Sportsmanship, auf und neben dem Platz. Statt dessen werden Regeln gebeugt, bis sie brechen, es wird geschachert und betrogen, es werden grundlegenden Verträgen so genannte Sideletters zugefügt, die den eigentlichen Vertrag ad absurdum führen, es wird Wasser gepredigt und Wein getrunken mit dem einzigen Ziel, noch mehr Geld aus dem Business herauszupressen. Profitoptimierung ist nötig, jeder versteht das. Aber Profitmaximierung um des reinen Profits Willen macht den Sport kaputt.   

Daher hat der FC PlayFair! ein „Plädoyer für mehr Sportsmanship“ verfasst und veröffentlicht, das ich im Folgenden in voller Länge wiedergeben werde. Möge es – um das mal wieder mit Ina Deter zu sagen - an jehede Wand gesprüht werden, möge es in die Präambel der DFL Spielsatzung aufgenommen werden, möge es größtmögliche Beachtung finden. Denn Fairness ist viel eher die Übererfüllung von Regeln als das, was sich vor allem neben dem Platz im Fußball derzeit abspielt. Hier also das Plädoyer für mehr Sportsmanship – verfasst von meiner Wenigkeit für den FC PlayFair!, mit viel tollem Input meines Freundes Bernd Sautter und basierend auf einer Idee unseres geschätzten Mitglieds Holger Siegmund-Schultze, seines Zeichens Vizepräsident beim Karlsruher Sportclub:

Im Englischen gibt es den Begriff „Sportsmanship“, er bedeutet, sich beim Sport und auch generell wie ein Sportsmann zu verhalten. Oder eine Sportsfrau. Sportlich fair bleiben. Am deutlichsten zu sehen ist ein solches Verhalten im Fußball bis heute in der englischen Premier League: Schwalben sind dort immer noch verpönt. Sogar die Fans der Heimmannschaft pfeifen eigene Spieler konsequent aus, wenn diese versuchen, durch unfaires Verhalten einen Freistoß oder Elfmeter zu schinden. Ausnahmen bestätigen diese Regel.

Im Deutschen haben wir kein dem „Sportsmanship“ vergleichbares Substantiv, allenfalls ein denglisches „Fairplay“ kommt da ran.

Und weil dieses „Fairplay“ mit ausschlaggebend war bei der Gründung unseres Vereins, des „FC PlayFair! Verein für Integrität im Profifußball e.V.“, ist dieser Text ein Plädoyer für mehr Sportsmanship. Im Profifußball und sonstwo. Auf und neben dem Platz.

Was wir uns unter mehr Sportsmanship, also Fairplay bzw. sportlich fairem Verhalten vorstellen, haben wir in elf Thesen formuliert. Manchem mag die eine oder andere These romantisch, geradezu naiv vorkommen – aber angesichts einer allgemeinen Skrupellosigkeit und Verrohung der Sitten in so vielen gesellschaftlichen Bereichen wollen wir ganz bewusst daran arbeiten, die Maßstäbe wieder ein wenig zurecht zu rücken. Daher lauten unsere Thesen wie folgt (die Nummerierung dient ausschließlich der besseren Übersichtlichkeit und stellt keinerlei Gewichtung dar):

1. Fairplay heißt sportlich gewinnen - nicht um jeden Preis. Wer durch überzogene Darstellungen nach einem Foul oder durch Schwalben versucht, die Regeln zu seinen Gunsten auszulegen, der handelt nicht clever, sondern unfair.

2. Fairplay ist, wenn Denken und Handeln übereinstimmen. Wir tun, was wir sagen.

3. Fairplay ist Respekt vor dem Gegner, Anerkennung für den Sieger und Achtung des Unterlegenen. Also z.B. Anwesenheit bei der Siegerehrung, und keine verhöhnenden Sprechchöre.

4. Fairplay bedeutet die vorbildliche Umsetzung der Werte, auf denen unsere Gesellschaft beruht, also u.a. Schutz von Minderheiten, Chancengleichheit und die Möglichkeit, dass jeder ohne Einschränkungen am Sport partizipieren kann. 

5. Fairplay ist das aktive Hinweisen auf die Einhaltung der Spielregeln. Gegebenenfalls bis zum Sanktionieren und Entfernen unfair handelnder Personen vom Sportplatz oder Stadion (Hooligans / rechte Unterwanderung / Rassismus).

6. Fairplay erfordert den Einbezug, die Achtung und die Teilhabe aller Personen, die am sportlichen Wettbewerb beteiligt sind. Also auch Ehrenamtliche, Schiedsrichter, Fans - selbst wenn sie mittelbar keine „Stakeholder“ sind. 

7. Fairplay ist die geregelte Teilhabe der Fans. Ein Scheinverein, der keine Mitglieder zulässt, ist demnach ein unfairer Wettbewerber.

8. Fairplay setzt den sportlichen Wettbewerb über die Erreichung wirtschaftlicher Ziele. Wer den Sport ausschließlich mit dem Ziel der Gewinnmaximierung fördert - und seine gesellschaftliche Wirkung damit ignoriert, der handelt unfair im Sinne des Sports. 

9. Fairplay fordert von allen Beteiligten den Blick auf die Erhaltung des sportlichen Wettbewerbs, also auch nachhaltige Investitionen in die Vorbildfunktion des Sports für unsere Gesellschaft.

10. Fairplay fordert transparente Prozesse in der Organisation des Sports. Das gilt für Verbandsentscheidungen ebenso wie für Schiedsrichterentscheidungen. Fairplay muss vorgelebt werden. Das bedeutet auch eine grundsätzliche Verunmöglichung von Korruption. 

11. Fairplay bedeutet, dass jede sportliche Handlung der Jugend zum Vorbild dienen muss.

Ich freue mich, wenn dieses Plädoyer möglichst viele Menschen zu lesen bekommen. Und weil ich nächsten Mittwoch auf Reisen bin, kommt By the way 320 erst am 5. Dezember. Bis dahin hat der VfB Stuttgart mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer noch keinen neuen Investor, und schon gleich dreimal keinen mit dem so werbewirksam und stimmenfangend behaupteten Regionalbezug – aber vielleicht hat er wenigstens ein paar Pünktchen sammeln können. Man wird ja wohl noch träumen dürfen...