By the way 276 – vom A sagen und B machen. Von regional verwurzelten Unternehmen und Fonds. Von Wolfgang Dietrich.

Einen, der A sagt und B macht, den nennt man im Schwabenland einen „falschen Fuffziger“. VfB-Präsident und Aufsichtsratschef Wolfgang Dietrich ist so einer. Der sagt A und macht B, und das schon nicht erst seit gestern. Auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen. Oder können.

Beim Bahnprojekt Stuttgart 21 war laut dem seinerzeit offiziell ehrenamtlich als Projektsprecher tätigen Dietrich alles in Ordnung und jeder, der anderes behauptet, ein Lügner - und das zu einem Zeitpunkt, als die Beweise für das Gegenteil möglicherweise schon längst in seiner, Dietrichs Schublade lagen. Da wurde vom Ehrenamt gefaselt und angeblich gleichzeitig über die Münchner Agentur üppig abgerechnet. Was natürlich niemand beweisen kann. Oder will. Weshalb hier wieder mal jede Menge „angeblichs“ und „möglicherweises“ vorkommen.

Und als jetzt das Thema mit den Fonds als mögliche neue Investoren beim VfB Stuttgart hochkochte, da hab ich erstmal geschaut, ob man wieder A und B finden kann. Gar nicht so einfach, weil viele Äußerungen unscharf, viele Medienberichte oberflächlich, alles möglichst aalglatt wie immer – dann kann man sich als aalglatter Bursche nämlich aus allem wieder irgendwie rauswinden und sagen, von regionalen Investoren neben dem Daimler sei nie konkret die Rede gewesen, weshalb doch jetzt keiner behaupten könne, man habe die Leute bewusst täuschen wollen, damit sie bei der Ausgliederungsmitgliederversammlung auf Taste 1 des elektronischen Abstimmungsgerätes drücken. (Einschub: Tausende dieser Geräte haben nicht funktioniert, keiner hat dagegen geklagt, die Einspruchsfrist verstrich und beim VfB und seinem Präsidenten knallten die Korken).

Auch ich habe nicht gleich was Konkretes gefunden, den aalglatten Präsi der Lüge zu zeihen. Bis ich das im „Sendung mit der Maus-Stil“ gehaltene gut dreiminütige Erklärvideo für Dumme nochmal angeschaut habe. In dem der VfB uns erklärte, warum wir Ja zur Ausgliederung sagen sollten und damit Ja zum Erfolg.

Und in diesem Video ist tatsächlich ganz konkret die Rede von „starken, regional verwurzelten Unternehmen“ als neue Partner und Investoren. Wer also Ja sagt zur Ausgliederung, der bekommt dafür starke, regional verwurzelte Unternehmen als Partner und Investoren für „seinen“ VfB. So wie den Daimler. Womit wir A haben und B.

A, das sind die starken, regional verwurzelten Unternehmen, und B, das sind die Fondsgesellschaften. A investiert aus Leidenschaft für den VfB, oder wenigstens damit Ruhe vor der eigenen Haustüre herrscht – und B investiert, weil er ambitionierte Renditeziele hat. Wasser und Wein, Engelchen und Teufelchen.

Es gehört übrigens nur wenig Phantasie dazu, das putzige Präsidententeufelchen als einen langfristig Planenden zu entlarven, der den Fonds, von dem er jetzt vage als potentiellem neuen Investor spricht, vor ca zwei Jahren höchstselbst geschaffen hat. Ganz konkret handelt es sich hierbei um einen Private Equity-Fonds der nur offiziell ehemaligen Dietrich-Firma Quattrex Sports. Die aus diesem Fonds vergebenen Kredite hatte Quattrex Sports zunächst selbst finanziert, war dann aber eine Kooperation mit dem Luxemburger Unternehmen European Fund Administration eingegangen. Meine Fragen zur Firma Quattrex Sports auf der Mitgliederversammlung 2016 wurden geflissentlich ignoriert, manch einer wird sich erinnern. Denn gleich nach mir kam Porsche-Allzweckwaffe Uwe Hück aufs Podium, und der Saal versank wie geplant im Chaos.

Auch nicht allzu viel Phantasie braucht es, sich vorzustellen, dass der genannte Fonds oder ein damit verbandeltes Finanzkonstrukt beim VfB investieren wird. Dann hätte Wolfgang Dietrich auch nach seinem Ausscheiden als Präsident (zu dem er als einziger Kandidat mit ca 54% der Stimmen gewählt wurde), also nach Ende all seiner offiziellen Ämter beim VfB, weiterhin ein Mitspracherecht. Theoretisch kann er mehr Anteile kaufen als der Daimler, dann hätte er sogar noch mehr Einfluss als unser Anker-Investor. So ganz ohne Amt. Das nenne ich clever.

Daimler möchte nach eigenen Angaben ja keine Rendite mit der VfB-Beteiligung erzielen. Und jetzt soll mir einer kommen und sagen, ein Fonds habe nicht ausschließlich Rendite zum Ziel.

Da kann ich allen Dietrich-Fans und Wählern nur sagen: Herzlichen Glückwunsch. Dagegen sind die Gerüchte von seinen Firmen, die sich ohne Ausschreibung die Aufträge vom VfB sichern, ja höchstens kleine Erdnüsse. Und auch meine Visionen vom Dietrich-Rücktritt vor der nächsten Mitgliederversammlung muten an wie Gute-Nacht-Geschichten. Aber wie auch immer: Dass Herr Dietrich ein falscher Fuffziger ist, und zwar ein ganz falscher, das werden am Ende des Tages hoffentlich viele Leute begriffen haben, die sich jetzt noch immer Augen und Ohren zuhalten.