By the way 257 – Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser. Vor allem, wenn das mit dem Vertrauen so eine Sache ist.

Mittlerweile nötigt der VfB Stuttgart seine Mitglieder ja quasi im Halbjahresrhythmus zur Durchackerung vielseitiger, kleinstgedruckter Unterlagen, in denen beabsichtigte Änderungen der Satzung und sonstige Vorhaben in schönstem Satzungsdeutsch dreifarbig mit Durchstreichungen, Ergänzungen und Neufassungen präsentiert werden. Gleichzeitig meint der Präsident desselben Vereins bzw. Noch-Vereins, sich für den Tag der an einem Donnerstag um 18.30 Uhr terminierten außerordentlichen Mitgliederversammlung einen Tag Urlaub zu nehmen sei ja wohl das Mindeste, was man von interessierten Vereinsmitgliedern erwarten könne. Kann man machen...

Dass der VfB aber im Rahmen seiner Ausgliederungspropaganda behauptet, die Mitgliederrechte stärken zu wollen, und wer das Gegenteil behaupte, der verbreite „Fake News“ – und gleichzeitig in den bereits genannten vielseitigen Unterlagen nichts anderes verbreitet als das Vorhaben, die ohnehin nicht gerade imposanten Mitgliederrechte auf ein Minimum weiter zusammen zu kürzen, das ist schon ein Ding. Beziehungsweise auch wieder kein Ding, denn nichts anderes ist man von dieser Vereinsführung ja schon seit geraumer Zeit gewohnt.

Natürlich ist es das gute Recht eines Vereins, seine Vereinsmeierei mit Kräften so voran zu treiben, wie man das gerne hätte. Andererseits braucht man sich dann auch nicht zu wundern, wenn es Leute gibt, die auf das eklatante Missverhältnis zwischen Propaganda und Realität hinweisen. Die diese Unterlagen tatsächlich durchackern. Und die dieses Missverhältnis, genau wie zahlreiche andere sehr zweifelhafte Sachverhalte, dann auch auf der Mitgliederversammlung ansprechen, um wenigstens diejenigen noch zu erreichen, die aus vielerlei Gründen diese Missverhältnisse bislang noch nicht bemerkt haben.

Stellvertretend für viele andere komische Änderungen seien hier mal nur zwei genannt: Das Präsidium des VfB soll künftig schon bei Anwesenheit von zwei Präsidiumsmitgliedern beschlussfähig sein. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Präsidenten. Der Vorsitzende des Vereinsbeirates kann an Präsidiumssitzungen ohne Stimmrecht teilnehmen (§16, 4). Aha. Voll der starke Vereinsbeirat. Und der Präsident kann quasi allein entscheiden. So sieht also die Vergrößerung der Mitgliederrechte aus. Und dann §18.4: „„Bei der Wahl des Vereinsbeirats erfolgt die Abstimmung nach Anordnung des Versammlungsleiters entweder gemeinsam (…) oder für jeden Kandidaten einzeln. (…) Bei der gemeinsamen Abstimmung sind in jeder Gruppe in der Zahl der zu besetzenden Positionen die Kandidaten mit den höchsten Stimmenzahlen gewählt. Sofern in einer Gruppe lediglich ebenso viele Kandidaten zur Wahl stehen, wie Positionen zu besetzen sind, ist in dieser Gruppe zur Wahl das Erreichen der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.“ Soll heißen: Die Mitgliederversammlung kann einzelne Mitglieder des Präsidiums und des Vereinsbeirats gar nicht wählen oder ablehnen, sondern sich lediglich für die, wie soll man sagen: geeignetsten? Kandidaten entscheiden, wenn das der Versammlungsleiter und der Wahlausschuss so für angemessen halten. Und der Versammlungsleiter auf der Mitgliederversammlung kann einfach so nach seinem Ermessen entscheiden, in welcher Form (Einzelwahl oder gemeinsame Wahl) der Vereinsbeirat gewählt wird. Ein Vereinsbeirat übrigens, der zunächst mal personell identisch ist mit dem bisherigen Ehrenrat. Geiler Vereinsbeirat, das. Und echt wahnsinnig tolle Mitgliederrechte. Aber nochmal: Kann der Verein alles machen. Aber man darf sich dabei schon fragen, warum gleichzeitig überall herumposaunt wird, man wolle die Mitgliederrechte stärken. Wo der „Verein“ an den Entscheidungen der AG ohnehin nichts mit zu entscheiden hat.

Und dann auch noch was zu den handelnden Personen: Man kann nichts dagegen sagen, dass die Vorstände Heim und Röttgermann die Sache nach Kräften vorantreiben. Denn die drehen jetzt schon größere Räder, als sie irgendwo anders jemals drehen würden. Und sie drehen schon seit Jahren mit sichtbarer Begeisterung für ihren VfB. Und nach einer Ausgliederung sind die Räder noch viel größer, ganz zu schweigen von den Provisionen. Man kann also natürlich an ihrer Qualifikation zweifeln, muss aber immerhin sehen, dass die beiden Herren quasi den Brustring eintätowiert haben – mal ganz abgesehen davon, dass sie es sportlich nehmen, wenn jemand andere Meinungen äußert.

Der aktuelle Sportchef Jan Schindelmeiser schwätzt zwar klug daher und hat in seiner sehr kurzen Amtszeit in Stuttgart auch noch nicht viel falsch gemacht – aber sein Track Record besteht hauptsächlich darin, dass ihn sechs Jahre lang nicht mal ein Drittligist verpflichten wollte. Und der Trainer, den er geholt hat, genießt höhere Sympathiewerte als Barack Obama in Deutschland zu Beginn seiner Präsidentschaft, steht mit seiner Mannschaft auf Platz 1 und hat bisher nur U-Teams trainiert. Auch hier ist es zumindest nachvollziehbar, dass viele Leute schon wieder sagen, die Beiden seien das Beste, was dem VfB jemals passiert ist. Kennt man ja, war schon häufiger so, und jetzt sind wir in der zweiten Liga.

Und dann ist da noch Einer, dessen Vita eine einzige Aneinanderreihung von Tricks und Täuschungen ist. Und ausgerechnet dieser Eine erklärt es zu seiner Mission, die Ausgliederung jetzt so schnell wie nur irgend möglich durchzupeitschen. Mit weiteren Tricks und Täuschungen, versteht sich, hallo Mitgliederrechte, hallo „JA zum Erfolg“, weil sonst ewige Dürre. Und dem wollt Ihr die ganze Sache anvertrauen? Ohne jede Möglichkeit der Kontrolle?

Also ich kann dem die ganze Sache nicht anvertrauen. Schon gar nicht so im Hauruckverfahren, mit Pistole auf der Brust, weil quasi jetzt oder nie. Und über den Aufsichtsrat, der den Niedergang über Jahre bis in die zweite Liga (inkl. Verlust vieler vieler Millionen Euro) durch Untätigkeit oder falsche Entscheidungen hauptsächlich zu verantworten hat, über den hab ich jetzt ja noch gar nicht geschrieben...