By the way 223 – wir malen uns das Leben bunt – doch dass der VfB Schwaben kauft, darauf warten wir vergeblich..

Emotionaler Tag heute, und das nicht nur, weil letzter Text vor dem ersten Spiel des VfB Stuttgart in seiner ersten Zweitligasaison nach 1977. Früh um Sechs schon K1 zum Flughafen gebracht und für ein Jahr ins Ausland verabschiedet. Sollten Sie hier also irgendwo verlaufene Tinte erkennen, so ist mir vielleicht ein kleines Tränchen aufs Papier geraten. Nicht unwahrscheinlich, dass diesem Tränchen ab Montag zahlreiche weitere folgen werden, denn da, wie gesagt, startet der VfB gegen den FC St. Pauli in die Zweitligasaison. Ob das Freudentränen werden oder Tränen der Enttäuschung? Nun, aufgrund der jahrelangen Desillusion in dieser Sache sollte man eigentlich mit leerem Blick die Spiele verfolgen und nichts anderes erwarten als den sofortigen Wiederaufstieg – als Pflichtaufgabe, versteht sich, nicht als Anlass, allzu wild zu feiern. Immerhin geht der VfB mit einem Lizenzspieleretat von geschätzten 23-24 Millionen Euro in die Runde – Spitzenreiter hier, gleichauf mit Hannover. Schon der Dritte in der Etat-Tabelle, der 1. FC Nürnberg, plant nach jüngsten Berichten mit 12,5 Millionen, also grade mal gut halb so viel. Und Carlos Ubina, seines Zeichens Redakteur der Stuttgarter Zeitung/Nachrichten, durfte im Interview mit VfB-Kapitän Christian Gentner (1. August 2016) sogar einen Etat von sage und schreibe 35 Millionen Euro behaupten – unwidersprochen. Trotzdem ist leider größte Skepsis angebracht, weil hallo, die Transferaktivitäten des VfB sind ja wohl ebenso unwidersprochen nicht der Weisheit letzter Schluss, schon bald wird wieder der Klassiker vom „überhitzten Markt“ gebraucht werden, und dass die Vereinsführung zumindest aus der letzten Saison ihre Lehren zieht, ist auch nicht zu erkennen.

Denn wenn auch die einzelnen Spieler qualitativ durchaus den Klassenverbleib hätten schaffen können, so hat sich der VfB doch in den seltensten Fällen als Team präsentiert. Wie auch, wenn die meisten Spieler auf dem Platz kaum miteinander kommunizieren und auch sonst nicht viel miteinander anfangen können, weil nicht eingespielt und alle in verschiedenen Spielsystemen groß geworden. Oder glaubt ernsthaft jemand, der Pole im Tor hätte dem Argentinier auf Außen, dem Bosnier Innen oder seinem deutschen Nebenmann viel mehr zurufen können als LEO? Eingedenk des Eigentorrekords der vergangenen Saison muss man annehmen, dass sie nicht einmal LEO verstanden haben...

Und jetzt zweite Liga, Sandhausen und Co reiben sich schon vorfreudig die Hände, die Zuckerpüppchen aus Cannstatt kommen, denen werden wir es zeigen. Mal ganz abgesehen davon, ob der „Riesen-Etat“ sinnvoll genutzt oder ob der mit Dutt und Co eingeschlagene Weg in die Reamateurisierung konsequent weiter gegangen wird: In den knochenharten Zermürbungskämpfen der zweiten Liga ist mannschaftliche Geschlossenheit wichtiger denn je. Und im aktuellen Kader tummeln sich ca. elf Nationalitäten, woran natürlich an und für sich nichts auszusetzen ist. Aber ob die alle miteinander reden können auf dem Platz? Ob die als eingeschworene Truppe antreten, die der blutrünstigen Konkurrenz gleich mal klar macht: Nicht mit uns, Freunde!? Wir werden sehen...

Und überhaupt: Ist derjenige aus Mostar, der zuletzt in Krasnodar gespielt hat, so viel besser als derjenige aus Filderstadt oder Reutlingen, dass er die Sprachprobleme kompensieren kann? Wir brauchen auch nicht mehr länger über Rudy, Gomez, Leno oder Khedira reden, es geht auch eine Nummer kleiner. Der Innenverteidiger, der 112 Bundesligaspiele für den 1. FC Köln gemacht hat? Dominic Maroh, davor Neckartailfingen und Reutlingen. Der linke Verteidiger von Hertha BSC Berlin? Marvin Plattenhardt, davor Nürtingen und Reutlingen. Der 22-jährige linke Verteidiger des 1. FC Nürnberg, den die halbe Bundesliga jagt? Tim Leibold, vormals VfB-Amateure und SGV Freiberg. Dass Herr Schindelmeiser die Namen kennt, darf angenommen werden. Dass er sie auf dem Zettel hat auch?

Wem jetzt das Herz ganz schwer wird angesichts der vor uns liegenden Saison, der sollte sich das Leben einfach bunt malen. Alles in die wildesten Farben tünchen. Dann erscheinen nämlich sogar die gebetsmühlenhaften Warnungen des Sportvorstands Schindelmeiser und des Trainers Luhukay davor, dass der Kader bei weitem nicht aufstiegstauglich sei, als superclevere Tiefstapelei...