By the way 162 - Medien, Menschen, Germanwings, und warum der geifernde Schwarm ein bigotter Haufen ist...

Fast hätte ich diesen Text vorziehen müssen, diese seit Menschengedenken Mittwochs erscheinende Glosse schon früher schreiben müssen, rausranten müssen geradezu, um es im digitalen Neusprech zu sagen. Zu sehr kotzte und kotzt der Schwarm mich an mit seinem Empörungsgeschrei. Da fliegt einer sich selbst und 149 andere Menschen in den Tod, und was passiert? Mit geiferndem Schaum vor dem Mund wird für die Wahrung der Persönlichkeitsrechte dieses Arschlochs eingetreten, wird die Nennung seines Namens angeprangert, das Zeigen seines Wohnortes. Die Tatsache, dass er wohl seit Jahren schon depressiv war, führt zuallererst mal zum prophylaktischen Gewarne und Gemahne, durch die Bekanntmachung seiner Krankheit werde jetzt ja wohl ein Freibrief ausgestellt, allen Depressiven das Leben durch öffentliches Mobbing zur Hölle zu machen. Manche haben auch das mit der Cockpittür immer noch nicht verstanden und treten für die Unschuldsvermutung ein – der Mann könne ja auch bewusstlos geworden sein, der Ärmste. Echt jetzt?

Da frag ich mich doch: Wo wart Ihr ganzen Berufsempörten, die Ihr Euch bei Twitter und Facebook und sonstwo im Netz rumtreibt, manche von Euch sogar mit bundesweit respektieren Blogs und Keymedien-Kolumnen, als sie morgens um halb Sieben den Herrn Zumwinkel aus dem Bett, aus dem Haus und vor die Kameras zerrten, mitsamt seiner Frau, quasi noch im Pyjama? Gab es da vielleicht noch kein Twitter? Oder gelten die Persönlichkeitsrechte und Unschuldsvermutungen zwar bei durchgeknallten Massenmördern, nicht aber bei steuerhinterziehenden Postchefs? Und bei der Hatz auf Hoeneß, wo wart Ihr da? Wer ist eingetreten für die Wahrung der Persönlichkeitsrechte von Atta und Co 2001, vom jungen Amokläufer Robert Steinhäuser 2002?  Es ist wirklich nicht zu fassen, zumindest nicht in meinem Kopf, was Ihr für ein bigotter Haufen seid, und warum Ihr hier geifert, dort aber den Mund haltet oder sogar mit einstimmt in die Rufe nach dem Scheiterhaufen.

Damit das ganz klar ist: Verdammt seien die so genannten Journalisten, die die Schule in Haltern belagern und Jagd auf O-Töne und Trauerbilder von Angehörigen machen. Die sich mit den Angehörigen bei Facebook befreunden wollen, um an Informationen zu kommen. Die mit unterdrückter Nummer anrufen und sich als Mitschüler ausgeben. Verdammt auch die Aasgeier, die 75 Euro bieten für ein Interview, die F-Promis mit ihren online-Petitionen und Mitfühl-Statements, die Talkshow-Dummbacken, und der Broder grundsätzlich auch. Aber bitte, Ihr schreibende, postende und tweetende Menschen, Mitglieder des Schwarms: Anstatt pauschal die berichtenden Medien zu beschimpfen, die die Rechte des Andreas Lubitz missachteten, oder auf den Bild-Wagner loszugehen, das alte Wrack, als habe der das Cockpit von innen verriegelt - konzentriert Euren Hass doch lieber auf den Täter, so wie Ihr das in vielen anderen Fällen auch gemacht habt.