By the way 219 – Jogi macht Dampf, Mehmet macht Quote, und der VfB macht Trikots ohne Namen...

Ganz ohne jeden Zweifel ist es toll, dass wir im Halbfinale stehen. Die Italiener niedergerungen haben. Wenngleich es zu diesem Niederringen ganz unterschiedliche Auffassungen gibt. Einige sagen ja, das Spiel selbst sei, so man denn mit keinem der beiden Teams mitgefiebert habe, stinkelangweilig gewesen. Elfmeterschießen natürlich immer spannende Sache, quasi Selbstläufer. Dieser von Alfred Draxler, dem großen Spatzen des Sensationsjournalismus federführend vertretenen Linie möchte ich mich nicht anschließen. Zu geil das Gefuchse, zu spannend das Spiel, zu groß das Duell. Allerdings habe ich ein anderes Problem: Ich weiß nicht wirklich, wie das Match ausgegangen ist. Offizielles Endergebnis bei mir Fehlanzeige. Es bieten sich an: 7:6, 7:6 n.E., 6:5 i.E., 6:5 n.E., (1:1) 6:5 i.E. bzw. n.E.. Alles gelesen, manchmal sogar mehrere verschiedene Versionen im selben Artikel des gleichen Mediums. Herrgott, es muss doch dieses eine, allgemeingültige offizielle Endergebnis geben. Hat denn niemand Verständnis für all diejenigen, die Tipp- und Gewinnspiele veranstalten und dabei nicht wie so ein Buchmacher das Ergebnis nach der regulären Spielzeit abfragen.

Scholl im Ersten danach durchaus unterhaltsam und darüber hinaus auch zumindest als Gesprächsanregung sehr geeignet, wenngleich allzu persönlich werdend, keine Frage. Aber das mit dem Liegenbleiben, da unterstelle ich ein Script. Zu nahtlos nimmt er das Liegen aus dem Wundliegen wieder auf, zu sehr hatten Welke/Kahn dem Ersten den Rang abgelaufen zuletzt. Und weil das Quote-Machen für ein Massenmedium nun mal mehr verlangt als ein paar Hundert hochintellektuelle Follower zu beglücken, musste der Mehmet halt wieder mal so richtig einen raushauen. Da fällt mir auf, den „Liegenthaler“ hab ich gar nirgends gesehen bei Twitter...

Und jetzt Frankreich vor der Nase, nach dem alles andere als überraschenden Sieg gegen Island mit stark geschwollenem Kamm daherkommend, Selbstbewusstsein läuft über. Da sind wir nur der Außenseiter, zumal kaum noch elf gesunde Spieler am Start. Das hat der Jogi doch wieder fein hinbekommen, dieser größte aller Füchse. Natürlich wird uns der Bundestrainer auch am Donnerstag wieder alles abverlangen, taktisch und auch sonst. Wir sollten ihm weiter vertrauen, egal wie viele Köpfe die Kette bilden, egal wo Kimmich spielt, egal ob Can oder Weigl oder Götze oder Sané spielen und sogar egal, ob Schürrle spielt. An der Pfeife übrigens Rizzoli, das ist unser Mann. Kennt die Bayern noch von 2012, kennt die Mannschaft noch von 2014, das kann nur gut werden. Bzw. das muss gut werden. Oder hätten Sie als Besitzer von nicht ganz billigen Finalkarten Lust, Frankreich gegen Portugal zu sehen?

Gut werden müsste auch die bald beginnende Zweitligasaison des Vereins für Bewegungsspiele aus Stuttgart. So gut mindestens, dass gleich wieder aufgestiegen wird. Allerdings wird die DFL spätestens zum ersten Saisonspiel verlangen, dass der VfB jedem Spieler seines Kaders ein Trikot zuteilt, auf dem neben der Rückennummer auch der Name des Spielers steht. Also nicht so wie am Sonntag auf dem Sonnenhof (und wohl auch gestern in Schwäbisch Hall), wo zum Testspiel gleich mehrere anonyme Rückennummern auf dem Platz standen. Vielleicht lag’s ja daran, dass die ca. 14-köpfige sportliche Leitung sich noch nicht darauf verständigen konnte, wie die letzten Neuzugänge heißen sollen. Vielleicht arbeiten sie auch da alle mit Nachdruck an den ganz großen Lösungen, so wie in der Causa Sportdirektor.

Und wo sich fast ganz Deutschland derzeit immer mal wieder über unkritische Fußball-Nationalmannschaftsjournalisten wundert: Da sind wir in Stuttgart schon zehn Schritte weiter. Roy Beerens, dessen fußballerische Qualitäten uns bisher elegant verborgen blieben, wird als Wunsch-Transfer des Trainers bezeichnet, als Lösung für Probleme des VfB. Wochenlang. Dann stellt man plötzlich fest: Der will ja statt einem Zwei-Jahres- einen Vier-Jahres-Vertrag. Ja um Gottes Willen, über was haben die denn geredet wochenlang. Und hat er eventuell gar nicht den Charakter, und stimmt es gar nicht, was der Trainer gesagt hat? Ganz schnell wird dann Ferati, einem unserer größten Talente, über die Medien ein schlechter Charakter unterstellt. Und das hat man erst nach sechs Jahren Vereinszugehörigkeit gemerkt? Was ist das für eine Kultur? Dafür kauft man Jean Zimmer, über dessen Charakter wir uns noch wundern werden. Und wer kennt eigentlich den Charakter von Kaminski? Dann wird uns Sanogo als der neue Wundermann präsentiert. „Der Mann, der unsere Löcher stopft“. Aber als man den Kuli für die Vertragsunterschrift in der Hand hat, merkt man, dass irgendetwas nicht stimmt. Hat etwa der Mann, der uns als Kampfmaschine präsentiert wurde, nach bestandenem Medizincheck plötzlich muskuläre Probleme bekommen? Hat er etwa bei Vertragslaufzeit und Gehalt zu hoch gepokert? Immer schön die Schuld den anderen unterschieben – so hat man es bis in die Zweite Liga gebracht. Über was reden die wochenlang mit den Leuten – wenn nicht über Vertragslaufzeit, Gehalt, muskuläre Probleme? Aber alle glauben es. Endlich erfüllt man nicht jeden Wunsch. Was für ein Schwachsinn! Dieser Verein (wer eigentlich?) erkundigt sich nach Spielern, spricht mit Beratern, die Spieler werden als Heilsbringer dargestellt – und elementare Dinge sind noch gar nicht geklärt. Manchmal denkt man, das Management ist noch schlechter als der Sport – also drittklassig. Und was lese ich in der Zeitung? „Maxim glänzt in Großaspach“. Unsere Nummer Zehn. Also wenn die Nummer Zehn des VfB Stuttgart beim Drittligisten Großaspach glänzt, gibt es ein anderes Ergebnis als ein müdes 2:1. Aber es scheint, als hätten die verbliebenen Journalisten einen Pakt mit dem VfB geschlossen. Nur keine Kritik am Verein. Womöglich ruft sonst wieder der Herr Jenner beim Chefredakteur an und droht mit Rückzug der Anzeigen. Keine schönen Aussichten. Für die Medien nicht – und für den VfB schon gleich dreimal nicht.